Ein Besuch der Tiere in der Lippemersch, geführt von Matthias Scharf ( einem „Urgestein“ der ABU) ist immer spannend. Man kann – auch mit Kindern – den Tieren nahe kommen und erfährt sehr viel Interessantes über deren Geschichte, Lebensumstände in der Lippeniederung und ihr Verhalten untereinander. Vorsicht ist allerdings angesagt, denn die Koniks können durchaus zupacken. Es ist also kein Streichelzoo-Erlebnis! Die mächtigen Bullen aber auch die Kühe gehen den Besuchern eher aus dem Weg. Sie haben durchaus Respekt vor den Hinterhufen der Pferde und streiten sich ungern mit ihnen um das Futter.
Die Heckrinder, die Bullen mit ihren mächtigen Hörnern und die Kühe, sind in der Lippeniederung meistens westlich von Hellinghausen anzutreffen. Bei Hochwasser ziehen sie sich gerne in den kleinen Wald dort zurück, während die Wildpferde (Koniks) noch größere Kreise beidseitig der Lippe ziehen. Bullen und Kühe sehen annähernd so aus, wie damals wohl die Auerochsen. Diese sind allerdings vor langer Zeit – Anfang des 17ten Jahrhunderts – ausgestorben. Deshalb handelt es sich hier um eine Nachzüchtung.
Vor mehr als 90 Jahren begannen die Brüder und Zoodirektoren Heinz und Lutz Heck mit dem Versuch diese Rasse „wiederherzustellen“. Sie kreuzten unermüdlich verschiedene Rinder und so entstand eine Rasse, die ihren Urahnen zumindest ähnelt: Die Heckrinder. „Nach neueren Genforschungen gelten nahöstliche Populationen als Stammform des taurinen Hausrindes, das damit eine domestizierte Form des Eurasischen Auerochsen darstellt“ (Wiki).
In der Hellinghauser Mersch hat die ABU vor Jahren mit einer kleinen Herde von Heckrindern ihre eigene Zucht begonnen. Heckrinder sind jedoch kleiner als ihre Ahnen. Um das XL-Format des Vorbilds Auerochse zu erreichen, kreuzte man Vertreter großer Rassen aus Südeuropa ein. Das Ergebnis sind die eindrucksvollen Taurusrinder. Rund ums Jahr weidet jetzt eine beeindruckende Herde Gräser oder Laubgehölze ab und lässt sich zum Wiederkäuen im Schatten der knorrigen Uferweiden nieder.
Die Taurusrinder sind vom Gesetz her Haustiere, deshalb tragen sie auch Ohrmarken. Meist ziehen die Tiere in einer Herde gemeinsam über die Fläche, angeführt von einer Leitkuh. Die meisten Kälber kommen im Vorfrühling zur Welt. Vor der Geburt zieht sich die Kuh in eine Deckung zurück. In den ersten Tagen bleibt das Kalb versteckt, und die Mutter sucht es nur mehrmals zum Säugen auf. Auch wenn die Kuh bei der Herde ist, beobachtet sie das Versteck des Kalbes ständig und eilt herbei, wenn Gefahr droht. Selbst Menschen werden nicht in der Nähe des Nachwuchses geduldet. Erst wenn das Kalb sicher läuft, wird es zur Herde geführt.
In Notzeiten wird den Pferden und Rindern Heu angeboten. Die Futterstellen sind so angelegt, dass auch Tiere n gern Rang fressen können und dass nicht die zwar kleineren aber trotzdem dominanten Pferde die Rinder vom Futter drängen. Dabei brauchen die Pferde das Futter nicht, denn sie können – anders als die Rinder – selbst aus Gräsern noch Nährstoffe gewinnen. Deshalb legen sie für den Winter kein so großes Fettpolster an wie Rinder. (ABU)