Kurz zusammengefasst erklärte das Gericht, dass
- die Veränderungssperre zu allererst ein Verhinderungsinstrument gegen die Wohnschiff-Pläne und ähnlich gelagerte Bauvoranfragen der Investorengruppe sei, aber kein Mittel, um eigene, hinreichend konkrete Planungen für das prestigeträchtige Grundstück am Grünen Winkel voranzutreiben.
- Zu dem Zeitpunkt, an dem die Veränderungssperre erlassen wurde (im Mai 2019), lagen Entwürfe noch nicht vor.
- Der Stadtentwicklungsausschuss hatte lediglich von der Verwaltung aufgestellte Leitlinien für die zukünftige Bebauung des Postareals beschlossen.
- Die städtischen Vorplanungen waren jedoch für das Gericht nicht konkret genug für eine rechtskräftige Veränderungssperre.
Wie der Patriot unter Bezugnahme auf den begleitenden Projektkoordinator Friedhelm Chlosta aus Lippstadt berichtet, will der Investor nun auch Schadenersatzansprüche stellen, eine entsprechende Klage werde vorbereitet.
„Bei einem millionenschweren Bauprojekt mit jährlicher Rendite könne sich jeder ausrechnen, in welche Richtung das gehe, so Chlosta.“
Die Stadt will nun das formelle Bebauungsplanverfahren für das Postgelände unabhängig vom Urteil schnell vorantreiben. Sie habe die Interessen der Investoren berücksichtigt und wolle nun den Weg in die frühzeitige Beteiligung gehen.
Der Patriot berichtet weiter:
Eine „Annäherung zwischen Stadt und Investorengruppe ist für Projektkoordinator Friedhelm Chlosta indes nicht in Sicht. Die Eigentümer würden jetzt verschiedene Optionen ins Kalkül ziehen, mutmaßte er: verkaufen, bevor es einen rechtskräftigen Bebauungsplan gibt, verkaufen, nachdem dieser aufgestellt wurde, selber planen und verkaufen oder selber planen und bebauen. Klar ist für Chlosta nur so viel: „Jetzt kommt die Zeit der Rendite. Es ist nicht mehr die Zeit der Überlegung, etwas Wertvolles und Schönes für die Stadt zu machen.“ Schuld gibt er daran allein Verwaltung und Politik. „Die Stadt hat die Chance verpasst, gemeinsam mit der Investorengruppe etwas zu entwickeln.“
„Die Entscheidung des Gerichtes sei deshalb schon auch eine Art Genugtuung. Der Architekt Ballhorn rechnet nun ebenfalls mit einer auf Rendite ausgerichteten Bebauung – getreu der Devise „Möglichst viel und möglichst hoch“. Das politisch nicht gewollte Wohnschiff sei bei diesen Überlegungen derweil kein Thema mehr.“
Was für ein Paukenschlag!
Warum musste es soweit kommen?
Dies ist nicht die erste Veränderungssperre, die die Stadt erlassen hat. War diese Reaktion, dieses Scheitern nicht zu erwarten?
Warum haben der Rat und die Stadt nicht meine Anregung aufgegriffen, einen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb durchzuführen, um der Sensibilität des Ortes gerecht zu werden? Dieser Wettbewerb hätte voraussichtlich bei einem zügigen Start Anfang 2018 Ende 2019 ein Ergebnis produziert, das in eine Planung hätte umgesetzt werden können.
Nun hören wir, dass die Planung bis 2022 dauern soll und sehen, dass die Planungsinhalte sich in der Grundstruktur „den Vorstellungen der Investoren annähern“. Wenn dem so wäre, warum wurde dafür so viel Zeit benötigt?
Warum geht eigentlich der Investor davon aus, dass das ganze Grundstück bis zu seinem östlichen Ende durch einen mehrgeschossigen Komplex bebaubar ist? Das Postgebäude liegt am Lippertor und ein großer Teil des Geländes besteht aus Garagen, Nebengebäuden und Freiflächen für die Logistik. Daraus lässt sich m.E. ein Rechtsanspruch auf eine dichte Bebauung wie geplant nicht ableiten!
Ohne dass sich der Investor bislang gegenüber der Stadtöffentlichkeit bekanntgemacht hat, wird m.E. ein inhaltlicher Dialog nicht auf Augenhöhe möglich. Erschreckend bestätigen die Aussagen vom Projektkoordinator den Eindruck, es ginge hier nur um die Realisierung der Gewinnerwartungen („Jetzt kommt die Zeit der Rendite“, „Möglichst viel und möglichst hoch“).
Es stellt sich die Frage, ob die Projektbeteiligten angesichts des kommunalpolitischen Widerstandes gegen eine massive Bebauung überhaupt in einen gemeinsamen offenen Dialog mit der Bürgerschaft treten wollten.
Der Rat hat unbestritten den Anspruch und das Recht, die Fortentwicklung der historischen Altstadt veranwortungsvoll zu gestalten und braucht in diesem Fall dafür mehr Zeit, als dem Immobilienkapital lieb ist.
Erinnern wir uns an das Schicksal der Lippegalerie und der Komplexe am Südertor. Beide wurden errichtet durch Investorengruppen und bis heute – wenn ich mich nicht irre – mehrfach verkauft: Spielbälle des Kapital- und Immobilienmarktes.
Droht nun dem Projekt des Postgeländes das gleiche Schicksal?
Die Post hat noch kein neues Grundstück und ich bin gespannt, in welchem Winkel der Stadt sie sich neu etablieren will, wie sie ihren Service für den Bürger besser gestalten will.
Interessant ist auch, dass nun der Anpruch erhoben wird, die Stadt möge doch der Post zu einem neuen Standort verhelfen.
Kann man für ein nicht vorhandenes Baurecht entschädigt werden, wenn das Bauen auf dem Grundstück durch die Präsenz der Post nicht möglich ist?